Kurzfilme 2



Kiem Holiander
Der diesjährige Gewinner der Jugendjury führt uns in eine bedrückende und berührende Welt zweier Brüder, die versuchen gegen die Armut anzukämpfen. Alles Geld, was sie zum Beispiel durch Milch austragen erarbeiten, soll an die Familie gehen, obwohl der 13-jährige Andi viel lieber ein eigenes Handy hatte. Er und Florist teilen sich ein kleines Zimmer und stehen sich durch die Armut sehr nahe, der Film fängt mit tollen Einstellungen das unausgesprochene, zwischenmenschliche der beiden auf. Man fühlt sich als Zuschauer gradezu zwischen den beiden und kann die Gefühle beider spüren, aber auch die gegensätzlichen Wünsche und Ziele, die die Familie auseinander zieht. Ein sehr berührender Film, der meiner Meinung nach den gläsernen Bären auf alle Fälle verdient hat!

Premier Amour
Lamiche und ein junges Mädchen, die seine Freundin zu sein scheint und dessen Name das Publikum nicht erfährt, müssen sich heimlich am See treffen um ihre Liebe ohne Angst auszuleben, denn die Familien gehören unterschiedlichen Klassen an und über ihre Köpfe hinweg werden wirtschaftliche Entscheidungen getroffen, die den gemeinsamen Weg nicht leichter machen. Es wird nicht sonderlich viel gesprochen, der Film überzeugt mit starken Naturaufnahmen französischer Wälder, die einen Kontrast zum unverschönten und kalten Alltag in der Kleinstadt bilden. Zwar braucht man eine kurze Zeit, um in die Geschichte des Filmes zu finden, er entwickelt sich aber mit Spannung zu einem dramatischen Finale mit einem etwas offenem Ende, durch das man in den Film hineingesogen wird.

Na Zdrowie
Abstrakt gezeichnete, bunte Figuren und Formen, die Menschen und eine Stadt zu veranschaulichen scheinen. "Na Zdrowie" - zu deutsch "Gesundheit" - zeigt mit ungewöhnlicher Animation wie sich Keime durch Niesen unter den Leuten verbreiten. Fünf Minuten lang sieht das Publikum wie die Figuren und Formen ineinander übergehen, sich vervielfältigen und von anderen verschluckt werden. Was einem beim Schauen zuerst nur lustig und unverständlich erscheint, ist eine durchdachtes Bild, das die Enge und gleichzeitig Ferne im Umgang miteinander behandelt und dem Zuschauer vielleicht Anregung geben soll, auch wenn die meisten eher belustigt den Film hinter sich lassen.

Juck
Ein dokumentarischer Einblick in die schwedische feministische Bewegung Juck, die von einigen Mädchen gegründet wird und für alles steht, was Weiblichkeit ist. "Weiblichkeit ist ein Wort, was wir mit allem füllen können, was wir wollen", sagen sie selbst - und leben das vollkommen aus. Gegen Klischees, Ordnung und alles, was Frauen von der Gesellschaft vorgeschrieben bekommen zu seien, ankämpfend, verbreiten sie mit Natürlichkeit und etwas Extremität ihre Stimme und Ziele: Frauen so sein lassen, wie sie es wollen. Mit rhythmischen und lauten Beats stellt "Juck" die Mädchen einzeln und die Bewegung vor und reißt das Publikum mit. Ein fantastischer Film, der die Preise auf jeden Fall verdient hat und zum Denken und Bewegen anregt. Wie dem Publikum vermittelt wird: Alles ist Juck, Du bist Juck, alle sind Juck! Unbedingt mehr davon bei der Berlinale!

03.03.18, Clara Bahrs

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