Eine berührende Zuneigung zu Tauben

Eine Filmkritik zu Güvercin

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Yusuf liebt seine Tauben über alles. Er teilt sich ein Dach mit ihnen, schläft sogar dort oben. Er bringt ihnen eine Liebe und Fürsorglichkeit entgegen, wie er sie keinem anderen Menschen gegenüber empfindet. Doch niemand scheint ihn zu verstehen, denken sie doch, er sei ohne die Vögel besser dran.

Ich muss zugeben, dass mir Tauben nie sonderlich viel bedeutet haben. Banu Sıvacı als Regisseurin jedoch schafft es, jedem Yusufs Liebe und Fürsorglichkeit für diese Vögel nahe zu bringen. Wie er sie streichelt, sie füttert und pflegt und wieder aufpäppelt, kann man nicht anders, als zu schmunzeln und seine tiefe Verbundenheit nachzuempfinden. Ebenso wie man mit ihm leidet, wenn seinen Tauben etwas zustößt und wenn er sich durch äußere Umstände nicht so um sie kümmern kann, wie er gerne würde.

Die menschenunwürdigen Zustände, in denen der Protagonist von seinem Bruder zur Arbeit gezwungen wird, zeigen dem Publikum eine Aussichtslosigkeit auf, die nur schwer zu ertragen ist. Gleichzeitig übt Banu Sıvacı Kritik an den Arbeitsumständen aus, wenn die Arbeiter den ganzen Tag ohne Atemmaske im gesundheitsschädigen Staub eines abgerissenen Hauses arbeiten und dort sogar auf Holzbrettern die Nacht verbringen sollen.

In beobachtenden Close-Ups kann man dabei jede Regung Yusufs genauestens mitverfolgen, sehen, wie sich die Sorge um seine Schützlinge in seinen Augen spiegelt und ihn die Angst, dass ihnen in seiner Abwesenheit etwas zugestoßen sein könnte, fast um den Verstand bringt. Selten habe ich eine herzzerreißendere Szene erlebt, als ihn in seiner Trauer um die Tiere. Dabei ist der Film in seiner ruhigen Darstellung der Zuneigung Yusufs keineswegs eintönig, im Gegenteil jedoch kurzweilig und gut durchdacht.
Ein starkes Ende bestätigt die Gewissheit, dass er und seine Tauben zusammengehören und betont, dass man an seinen Träumen festhalten sollte.

Güvercin überzeugt durch die publikumsnahe und verständliche Darstellung des Protagonisten in seiner Verbundenheit für die Tauben, die auch auf die Zuschauer übertragen wird. Bedrückend realistisch klärt Banu Sıvacı über die Arbeitswelt von Geringverdienern auf, die keine andere Wahl haben, als sich gesundheitsschädlicher, körperlich auslaugender Arbeit auszusetzen, um ihre Familien ernähren zu können. Die Handlung berührt, stimmt einen trotz aller Rückschläge allerdings hoffnungsfroh und voller Empathie für diesen Einzelgänger verlässt man den Saal.

25. Februar 2018, Sarah Gosten


A Capturing Love for Pigeons


Yusuf loves his pigeons more than anything. He shares a roof with them, even sleeps up there. He shows them a love and care that he does not feel towards anyone else. Nobody seems to understand him, though; they think he is better off without the birds.

I must admit that pigeons never meant much to me. However, director Banu Sıvacı manages to show everyone how Yusuf loves the animals and takes care of his birds. How he caresses them, feeds and nurtures them and lifts them up again makes the audience smile and feel his deep attachment. Just as one suffers with him when something happens to his pigeons, when he cannot take care of them, as he would like to.

The inhumane conditions in which his brother forces the protagonist to work show the audience hopelessness that is hard to bear. At the same time, Banu Sıvacı criticises the working conditions of workers having to do hard labour by carrying rocks all day long without breathing masks in the harmful dust of a torn house and even spend the night there on wooden boards.

In observational close-ups, one can follow Yusuf's every impulse closely, see how the concern for his protégés is reflected in his eyes and how the fear that something might have happened to them in his absence almost makes him lose his mind. Rarely have I seen a more heart-breaking scene than in his mourning for the animals. In its calm portrayal of Yusuf's affection, the film is by no means monotonous, but on the contrary entertaining and well thought-out.
A strong ending confirms the certainty that he and his pigeons belong together and emphasizes that you should hold on to your dreams.

Güvercin convinces with its close and understandable presentation of the protagonist in his affinity for the pigeons, which is also transmitted to the audience. Banu Sıvacı informs depressingly realistically about the working world of low-income earners who have no choice but to expose themselves to harmful, physically exhausting work in order to be able to feed their families. The action touches the audience; despite all the setbacks, though, you leave the hall full of hope and empathy for this loner.

25th February 2018, Sarah Gosten

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